Montagabend vor der Haustür

Heute war den gan­zen Tag ty­pi­sches April­wet­ter: Re­gen, Sonne, Wind, Re­gen, Sonne, Wind. Vor­hin habe ich mich doch aus dem Haus ge­traut. Teddy hat schon sehn­suchts­voll vor der Tür ge­war­tet, bis ei­ner von uns eine Runde mit ihm geht. Ich konnte es kaum über das Herz brin­gen, ihn so ste­hen zu las­sen. Also zog ich mir schnell meine Stie­fel und eine warme Ja­cke an. Weil ich das Ge­fühl hatte, drau­ßen sei es un­ge­müt­lich. Doch ich wurde vom Ge­gen­teil über­zeugt:  der Wind war wun­der­bar frisch und die Sonne leuch­tete hin­ter den Wol­ken auf die Knos­pen des Flie­ders. Wun­der­voll!

Teddy lief vol­ler Freude vor­aus und ich at­mete die fri­sche Wind­boe ein. Was für ein Glück, dass ich doch nach drau­ßen ge­gan­gen bin, denn schon ein Stück­chen wei­ter war­tete die nächste Be­loh­nung auf mich:

der erste Re­gen­bo­gen in die­sem Jahr. Herr­lich! Un­glaub­lich, und das kurz vor 20.00 Uhr. Ich schaute zum Him­mel. Die Wol­ken bil­de­ten die schöns­ten Mus­ter und im Hin­ter­grund strahlte die un­ter­ge­hende Sonne.

So groß­ar­tig kön­nen 20 Mi­nu­ten sein, vor al­lem, wenn man es nicht ahnt und trotz­dem seine Sinne schärft. Ich wurde an die­sem Mon­tag, den 14.04.2014 so wun­der­bar be­schenkt. In die­sem Sinne wün­sche ich Euch al­len auch ei­nen wun­der­schö­nen Wo­chen­be­ginn!!!

Am Rande eines Abgrundes

End­lich fan­den wir wie­der ei­nen Grund, um uns den Gau­men­freu­den zu wid­men und so stie­gen wir an die­sem be­sag­ten Nach­mit­tag ins Auto und fuh­ren los zum Fisch­re­stau­rant in un­se­rer Nähe. Wir freu­ten uns sehr über un­ser Vor­ha­ben. Die Land­schaft bot mir ei­nen herr­li­chen Aus­blick: zahl­rei­che saf­tige Grün­töne, all­mäh­lich gelb wer­dende Raps­fel­der und blü­hende Obst­bäume. Der Früh­ling machte kei­nen Halt mehr. Plötz­lich kam uns eine Idee. Wir woll­ten eine Ab­kür­zung fin­den und bo­gen von der Straße in den Wald ein. Bei of­fe­nen Fens­ter­schei­ben ge­nos­sen wir den fri­schen Wald­duft und das rege Vo­gel­ge­zwit­scher. Nach ei­ner kur­zen Weile en­dete plötz­lich der Weg. Uns blieb also nichts an­de­res üb­rig als um­zu­keh­ren. Plötz­lich fiel uns ein sehr ho­her Baum mit vie­len Wur­zeln auf. Vol­ler Neu­gierde stie­gen wir aus und tas­te­ten uns ganz vor­sich­tig heran. Da sa­hen wir nicht nur den in­ter­es­san­ten Baum, son­dern noch diese rie­sige Kuhle. Nun stan­den wir vor ei­nem un­glaub­li­chen Phä­no­men und wur­den ganz still. Am Rande die­ser Ver­tie­fung wuchs ein gro­ßer Baum mit zum Teil frei ge­wor­de­nen, sicht­ba­ren, gi­gan­ti­schen Wur­zeln. Es war un­heim­lich und un­glaub­lich zu­gleich.

 

Das war ziem­lich fas­zi­nie­rend, bei­nahe un­ter ei­nem Baum zu ste­hen und auf sein tiefs­tes Ge­heim­nis zu bli­cken. Wir konn­ten den Teil der Wur­zeln be­trach­ten, wel­cher nor­ma­ler­weise von der Erde be­deckt ist. Den Baum schien es kaum zu in­ter­es­sie­ren, dass er am Rande ei­nes Ab­grun­des wuchs. Seine rie­si­gen Wur­zeln wa­ren so dick und bohr­ten sich so tief in die Erde, dass er trotz­dem auf­recht ste­hen konnte und nicht um­fiel. Sie ga­ben ihm Halt und Si­cher­heit. Mir wurde die Kraft und die Wich­tig­keit der Wur­zeln be­wusst. Ich glaube, dass je­der von uns Wur­zeln hat, viel­leicht nicht so mäch­tig wie die des Bau­mes, aber si­cher stark ge­nug, um Halt zu ge­ben. Die­ser Baum hat mir ge­zeigt, dass man am Rande »sei­nes Ab­grun­des« trotz­dem auf­recht ste­hen blei­ben und wei­ter­hin »groß und stark« sein kann.

Die weiten Felder vor meiner Tür

Die Fel­der vor mei­ner Tür er­in­nern mich oft an die Weite der Ost­see. Ich stehe am Rand, schaue in die Ferne und spüre den Wind in mei­nem Ge­sicht. Die Schat­ten der vie­len Wol­ken zie­hen vor­bei. Wenn ich die Au­gen zu­sam­men kneife, se­hen sie aus wie Wel­len auf dem Meer. Ich kann ziem­lich weit in die Welt schauen. Statt Schif­fen und Boo­ten er­kenne ich die ro­ten Dä­cher der be­nach­bar­ten Dör­fer, die Fel­der und Wäl­der und ganz weit am Ho­ri­zont sehe ich ei­nen al­ten Kirch­turm. Statt Mö­wen se­geln hoch oben in den Lüf­ten die gro­ßen See­ad­ler mit ih­ren weit aus­gepann­ten Flü­geln. Statt Mu­scheln lie­gen un­zäh­lige kleine und große Steine auf dem Bo­den, von de­nen je­der ein­zelne seine ei­gene Ge­schichte er­zählt. Die, die mir am bes­ten ge­fal­len, nehme ich mit nach Hause. Die Fel­der vor mei­ner Tür ver­än­dern sich je­den Tag. Sie se­hen nie gleich aus. Aus dunk­lem Braun wird sat­tes Grün. Aus sat­tem Grün wird leuch­ten­des Gelb und glit­zern­des Gold. Aus Ocker wird wie­der das dunkle Braun, be­vor der Win­ter es mit sei­nem Weiß über­zieht. Ich atme tief ein und ge­nieße die Weite vor mei­ner Tür.