Woran man einen echten Gärtner erkennt
»Jetzt will ich noch verraten, woran man einen wirklichen Gärtner erkennt. »Sie müssen mich besuchen«, sagt er, »ich muß Ihnen meinen Garten zeigen.« Kommt man also hin, um ihm Freude zu machen, so findet man sein Hinterteil irgendwo zwischen den Perennen emporragen. »Ich komme gleich«, sagt er über die Schulter hinweg, »ich setze nur das hier um.« »Lassen Sie sich nicht stören«, erwidert man ihm freundlich. Nach einiger Zeit ist das Zeug wahrscheinlich schon umgesetzt; kurzum, er erhebt sich, macht einem die Hand schmutzig und sagt, vor Gastfreundschaft strahlend: »Also kommen Sie, schauen Sie sich ihn an; es ist zwar nur ein kleiner Garten, aber – einen Augenblick«, sagt er und bückt sich zu einem Beet nieder, um einige Gräser auszujäten. »Also kommen Sie. Ich zeige Ihnen eine Dianthus Musalae, da werden Sie Augen machen. Herrgott, hier habe ich vergessen aufzulockern«, sagt er und beginnt in der Erde herumzustochern. Nach einer Viertelstunde richtet er sich wieder auf und meint: »Richtig, ich wollte Ihnen ja die Glockenblume, Campanula Wilsonae zeigen. Das ist die schönste Glockenblume, die – warten Sie, ich muß den Rittersporn da anbinden.« Sobald er ihn angebunden hat, erinnert er sich: »Ach ja, Sie wollten den Reiherschnabel sehen. Einen Augenblick«, brummt er, »ich will nur diese Aster hier umsetzen; sie hat zu wenig Platz.« Worauf man auf den Fußspitzen davonschleicht und das Hinterteil des Gärtners zwischen den Perennen emporragen läßt
Und sobald er einem wieder begegnet, sagt er: »Sie müssen mich besuchen kommen; bei mir blüht eine Rose, so etwas haben Sie noch nicht gesehen. Also Sie kommen? Aber bestimmt.«
Nun gut: besuchen wir ihn, um zu sehen, wie das Jahr vergeht.«
Karel Capek, Das Jahr des Gärtners