Vor einiger Zeit entflohen aus unserer Küche süße Dämpfe und verteilten sich im ganzen Haus. Es war Erntezeit und darum wurde auch bei uns eingekocht, entsaftet und haltbar gemacht. Auf dem Küchentisch lagen Tomaten, Zucchinis, Gurken, Äpfel, Birnen, Pflaumen, Himbeeren, viele Kräuter, Pilze und Nüsse. Leere Gläser und Flaschen füllten sich mit Vorräten für den Winter. Voller Ungeduld wartete ich jedoch auf eine ganz besondere Ernte und überprüfte deshalb beinahe täglich, ob die Holunderbeeren schon reif zum Pfücken waren. Ich freute mich ganz besonders auf diese Zeit, denn das Geheimnis des Holunderbeerensaftes habe ich schon vor einem Jahr für mich entdeckt. Neben seines besonderen Geschmacks gibt er mir viel Kraft und zaubert jedes Unwohlsein weg. Ich trinke einfach eine Tasse heißen Saft vor dem Schlafen und am nächsten Morgen geht es mir wieder gut. Es ist mein ganz persönlicher Zaubertrank.
Und endlich war es soweit, ich machte mich gemeinsam mit Teddy und meinem Körbchen auf den Weg zu unseren geheimen Holunderstellen. Die prallen Beeren glänzten in der Sonne und lachten mich an. Während ich die Beeren pflückte, suchte sich Teddy ein schattiges Plätzchen unter den Holunderbäumen und begutachtete meine Arbeit.
Das Sammeln und Auslesen der Beeren brauchte seine Zeit, aber nach einer Weile füllte sich mein Korb und wir machten uns auf den Heimweg. Oben am Himmel kreisten wieder die zwei großen Adler, die mir fast täglich begegneten. Wo könnte nur ihr Horst sein? Zuhause angekommen, machte ich mich direkt an die Arbeit: Ich wusch die Beeren kurz ab, füllte sie in einen großen Topf und goss so viel Wasser darüber, dass sie gerade bedeckt waren. Das Ganze brachte ich für ca. 20 Minuten zum Kochen. Ich ließ den Saft 24 Stunden stehen, damit die Beeren ihr ganzes Aroma abgeben konnten. Um reinen Saft zu erhalten, mussten wir am nächsten Tag die Beeren abseihen und ihn für den guten Geschmack und die Haltbarkeit noch einmal mit etwas Zitrone und Zucker aufkochen. Danach füllten wir den noch heißen Holundersaft in abgekochte, sterile und beschriftete Flaschen. Unser köstlicher Zaubertrank wird uns sicher über den Winter bringen!
Doch schon am nächsten Tag bekamen wir ganz unerwartet eine ganze Schüssel voller roter Weintrauben geschenkt. Zuerst überlegten wir, was wir daraus machen könnten, bevor uns die Idee kam, auch daraus Saft zu kochen. Immerhin waren wir ja nun schon etwas in Übung. Im Prinzip haben wir das gleiche wie mit den Holunderbeeren gemacht. Der einzige Unterschied war, dass wir die Trauben ordentlich auspressten. Das hat mir ganz besonderen Spaß gemacht, weil ich dabei an die Frauen denken musste, die mit ihren nackten Füßen in großen Holzbottichen die Trauben zu Saft zerdrückten.
Bei dieser ganzen Entsafterei kam uns die Idee, auch aus Äpfeln Saft zu machen, denn auf unseren Landwegen stehen überall Apfelbäume, deren Früchte nicht mehr eingesammelt werden. Wir finden es sehr schade, dass dafür inzwischen niemand Verwendung hat. In den nächsten Wochen wollen wir diese Äpfel pflücken und zur Mosterei bringen, damit wir auch noch guten Apfelsaft zu Hause haben.