Dieser Stein, mit den Spuren aus der Vergangenheit liegt im Wald und ruht. Meine Gedanken vertiefen sich in seine Jahrtausende alten Zeichen. Die Zeit vergeht. Sie kommt nicht wieder. Trotzdem begegnen mir auf meinem Weg Bruchstücke des Vergangenen: eine Nachricht, ein Mensch, ein Duft, ein Bild, ein Wort, ein Lied, ein Brief, einzelne Fetzen. Oder aber ein Stein. Manchmal holen sie mich ein und zeigen ihr Gesicht. Dann tauche ich ein und denke an Dich, an ihn, an sie. Schöne Erinnerungen breiten sich aus, bringen Freude und Dankbarkeit und die Hoffnung auf ein Wiedersehen. Andere bringen Schmerz. Dann verschwimmt die Gegenwart mit dem Vergangenen, der Blick wird trüb und verschleiert die Welt. Doch das Bewusstsein, in der Gegenwart zu leben, erlöst mich von diesen Gedanken. Unerwartet und plötzlich eine Nachricht vom Tod. Für einen Moment erstarre ich. Verstorben. Ein Leben ist erloschen. In der Vergangenheit vertieft fließen Tränen. Erst jetzt, eine Weile später, wird das Unverständliche klar. Die einzelnen Teile bilden ein sinnvolles Ganzes, genau wie dieser Stein, der die vergangene Zeit zusammen hält. Ich schließe die Tür und kehre zurück. Die Gegenwart ist die Chance, den Weg neu zu gestalten. Was bleibt, sind die Spuren der Zeit.
Nun kam die Zeit des Abschieds. Auch heute zeigte die Insel ihr schönstes Gesicht. Vom hellblauen Himmel strahlte die Sonne. Hier auf diesem nordöstlichsten Zipfel war sie zu Hause. Eine frische Brise verwehte mein Haar und mit jedem Schritt entspannte ich immer mehr. Meine Gedanken lösten sich in der Weite des Horizonts auf. Ich schaute mich ein letztes Mal um.
Die letzten Spuren des Winters berührten die Küste. Wie zum Abschied küsste der Schnee das Meer. Eine Möwe schaute zum Horizont. Sie verweilte in der Stille des Winters.
Doch schon bald verweht mit dem Frühling die Stille. Der Sommer lässt tausende Strandkörbe wachsen. Aus der Ferne weht ein Gruß heran. Auf ein baldiges Wiedersehen.
Die letzten Tage verbrachten wir am Meer. Die Winde der Ostsee wehten Erinnerungen an meine Kindheit zurück. Ich spielte wieder mit den Quallen und baute aus dem warmen, weichen Strandsand Burgen und buddelte ellenlange Löcher.
Plötzlich stand ich im Meer. Neben mir mein Vater. Eine mächtige Welle kam und überschwemmte mich. Gerade noch so konnte ich nach Luft schnappen, schon überspülte mich die nächste Welle. Das Meer tobte. Mein Vater hielt mich fest und ich verschluckte das Wasser. Meine Beine waren zu kurz, um den Grund zu erfassen. Das einzige was mich hielt, war die Hand meines Vaters. »So muss es sein«, schallten seine Worte zu mir herüber, wie die Worte des Neptuns. Das Kind muss das Meer spüren lernen. Das war der Augenblick, in dem mir Flossen wuchsen. Das Meer und ich vereinten uns.
Das Lachen der Möwen holte mich wieder zurück, doch das Rauschen der Brandung ließ mich weiter träumen. So ludt mich das Meer ein und die Sehnsucht danach ließ mich kurz zucken. Sollte ich mich verwandeln und ins Meer springen? Wie gerne würde ich untertauchen und die Tiefen von Neptuns Reich erforschen. Ich wollte es ergreifen. Doch das einzige was ich hier greifen konnte, waren die schönen Muscheln, mit ihren Geschichten von fernen Ländern.
Die warmen Sonnenstrahlen kitzelten mich heute morgen ganz leicht an meiner Nasenspitze. Langsam öffnete ich meine Augen und mein Blick richtete sich sofort zu meinem Fenster. Auch heute morgen erblickte ich wieder diese wundervolle Landschaft, die mich jeden morgen begrüßt. Die herrliche Weite führt ins Unendliche und ich erhasche vom Weiten die riesigen Kronen der drei alten Bäume.
Das ist meine Freiheit, mein Traum, meine Liebe.
Ich lausche der Stille. Das Thermometer zeigt auf 0°C. Es ist noch Winter. Doch die Natur bewegt sich. Die Vögel zwitschern leise und die Sonne lädt mich zu einem herrlichen Spaziergang ein. So packe ich mich warm ein und stecke die Hundeleine ein. Der beste Hund aller Zeiten wartet schon wedelnd auf mich. Voller Ungeduld lechtz er nach seiner Leine. Ich stecke sie ihm ins Maul und so begleitet er mich.
Vor der Haustür entdecke ich tatsächlich die ersten Spitzen eines Schneeglöckchens!!! Wundervoll!!! Ich bin gespannt, was wir heute noch so alles entdecken!
Der Waldeingang liegt ganz in der Nähe von unserem Haus. Wir durchqueren das kleine Dorf bis sich der Waldweg dahinter eröffnet. Die Felder am Waldrand leuchten heute in grüngelber Pracht. Die Sicht ist klar und deutlich, so dass ich weit über das nächste Dorf hinaus schauen kann. Zwischen den Felder spürt man die Schärfe der Winde und wenn man hier ganz kurz verweilt, nimmt man sogar die frische Brise der Ostsee wahr. Der Wald eröffnet sich vor uns und das leichte Knarren der Stämme ertönt.
Teddy und ich schreiten in den Wald hinein. Langsam und vorsichtig bewege ich mich auf dem vereisten Waldweg. Unter den Schuhsohlen knirscht der Schnee und so verraten mich meine Schritte. Aus der Ferne nimmt mich eine alte Krähe wahr. Ich versuche geräuschlos zu gehen. Doch das gelingt mir kaum, da ich nur auf dem Schnee sicher vor Glätte bin. Mit jedem Schritt knistert es weiter. Die Sonne scheint durch die kahlen Waldkronen. Das Feld am Waldrand ist vom Gras bewachsen. Teddy schreitet voran und hält hier und da mal an. Zwischendurch schaut er sich nach mir um. Wir machen unsere Runde.
Plötzlich ertönt ein Piepsen und ein Zwitschern. Ich bleibe stehen und erblicke oben in den Bäumen zwei kleine Buntspechte, wie sie wirbelnd vom Baum zu Baum umherfliegen. Neugierig tapse ich den tänzelnden Vögelchen hinterher. Wir verlassen den Waldweg. Diese Keck-Rufe der Buntspechte nehme ich zum ersten Mal wahr. Es ist ein schönes Schauspiel! Ein Blick auf dem Waldboden verrät mir, dass hier Wildschweine gewühlt haben. Überall lauter Löcher und Teddy außer Rand und Band. Es wird Zeit zu gehen. Wir durchqueren den Wald. Der Hund unwissend hinterher.
Vom Weiten erscheint uns der altbekannte Weg wieder. Ich gehe zielgerade darauf zu. Teddy weißt nun wohin und traut sich wieder vorauszulaufen. Wir schreiten auf dem Weg weiter. Zwischen den Bäumen liegt teilweise noch Schnee. Die Waldseen sind noch gefroren. Man könnte einen Schritt darauf wagen. Doch mehr als dies traue ich mich nicht. Hin und wieder hört man einen Specht hämmern, sonst Stille. Ich genieße diese Ruhe, fort von jeglicher Hektik, fort von jeglichem Lärm.
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