Ein goldener Oktobertag in Danzig
Herzlich bedankte sich die alte Frau bei mir, die eingemummelt in der Kälte saß. Ihr helles, faltiges Gesicht war von dem eisigen Wind rosig gefärbt. Ich schenkte ihr einige Zlotys, denn ihr Anblick machte mich traurig. Zwischen den Reichen dieser Welt, die ohne Achtung und Blick an ihr vorbeilaufen, verkaufte sie ihre selbstgebundenen Blümchen. Sie erzählte mir von ihrer Katze, der sie von diesen paar Geldstücken Futter kaufen würde. Sie erzählte mir von ihrer niedrigen Rente, die der Grund dafür wäre, dass sie hier Tag für Tag auf ihrem Hocker sitzen muss. Sie erzählte mir davon, wie sie am heutigen Morgen Kohle zum Heizen aus dem Keller holte und wie sehr sie mich um mein Leben beneidete. Wenn sie könnte, hätte sie schon längst dieses goldene Danzig verlassen. Ihre freundliche, liebenswerte Art und ihre Dankbarkeit strahlten aus ihren Augen. Diese schöne, alte Frau lächelte mich noch ein Mal liebevoll an, bevor wir uns verabschiedeten. Ich musste an meine Omi denken. Wir schlenderten weiter, vorbei an den prunkvollen Häusern mit ihren tausendjährigen Mauern, durchquerten herrliche Tore, schauten neugierig hinter die Fassaden. Dort versteckte sich die Armut, der Dreck und der Gestank der alten Danziger Gassen. In baufälligen Häusern mit fehlenden Treppen und kaputten Fenstern wohnen die stolzen Danziger, die einst um ihre Stadt gekämpft hatten. Nun sitzen sie mit ihren bunten Sträussen an den Reichtümern der Stadt und bitten beschämt um Hilfe. Die goldene Sonne der letzten Oktobertage glänzte über den Dächern und legte ihren Schatten in die Hinterhöfe. Die Welt hat sie vergessen.