Zur Wolfsschlucht

Der heu­tige Mor­gen winkte mir ganz freund­lich mit ei­nem wun­der­vol­len Son­nen­auf­gang zu. Ganz lang­sam er­hob sich die Sonne und be­freite die Fel­der von ih­rem Schat­ten. Der wol­ken­lose Him­mel strahlte in sei­nem schöns­ten Blau. Auf dem Feld hin­term Haus gras­ten ein paar Rehe. Die­ser Ein­la­dung wollte ich fol­gen. Doch die­ses Mal sollte Kalle auch mit. Wie so oft, wenn wir ge­mein­sam un­ter­wegs sind,  er­le­ben wir lau­ter Über­ra­schun­gen und ent­de­cken ganz spon­tan Neues an al­ten Or­ten und Un­be­kann­tes an be­kann­ten Stel­len. Also fuh­ren wir di­rekt nach dem Früh­stück los. Teddy im Kof­fer­raum. Wir beide vorne.

Der na­he­lie­gende See bot sich per­fekt an, um dort ei­nen klei­nen Rund­gang zu ma­chen. Teddy durfte frei los und so be­schnup­perte er auf­ge­regt je­den Baum und je­den Stein. Wir ge­nos­sen die fri­sche Luft. Der See war noch an ei­ni­gen Stel­len ein­ge­fro­ren. Zum ers­ten Mal konnte ich er­le­ben, wie das Was­ser ge­mein­sam mit dem Eis ein Kon­zert ver­an­stal­tete. Viel­fäl­tige Klänge der auf­ein­an­der klir­ren­den Eis­schol­len er­tön­ten um uns herum. Ei­nige kleine Eis­bröck­chen be­gan­nen auf dem Eis zu tan­zen und lie­ßen sich von dem Wind trei­ben.

Wir gin­gen wei­ter und lausch­ten der mu­si­ka­li­schen Dar­bie­tung. Die blan­ken Äste der Bäume schwie­gen. Doch ei­nige Mei­sen tön­ten in das Kon­zert mit ein. Es fühlte sich so an, als ob der See die Na­tur we­cken wolle. Plötz­lich er­öff­nete sich vor uns eine Er­he­bung. Eine Lehr­ta­fel wies uns auf den Ort ein: Wolfs­schlucht. Oh weier! Der Ort galt als aus­ge­spro­chene Spuk­stätte und der Hang ent­stand wäh­rend der Eis­zeit. Hier war die End­mo­räne. Der See wollte uns also das mit­tei­len. Vol­ler Span­nung klet­ter­ten wir den Hang her­auf, mit der Hoff­nung auf wei­tere Ent­de­ckun­gen. Viel­leicht spukt es hier wirk­lich! Doch mehr als ei­nige Wild­schwein­spu­ren konn­ten wir nicht ent­de­cken. Da­für hat­ten wir eine wun­der­volle Aus­sicht. Im­mer­hin ist es hier bis 30 m über den Mee­res­spie­gel.

Wir klet­ter­ten run­ter und mach­ten uns auf den Rück­weg. Schließ­lich wurde aus dem kur­zen Spa­zier­gang doch wie­der ein län­ge­rer Aus­flug. Un­sere Mä­gen knurr­ten lang­sam vor Hun­ger. Teddy durs­tete es auch. Er traute sich auf den ver­eiste See, um et­was Was­ser zu schle­cken. Plötz­lich, wie aus Geis­tes­hand, er­schie­nen vor uns zwei Ge­sich­ter: De Fisch­kopp un sun Fru. Sie wuch­sen aus dem Bo­den her­aus. Hier spukte es doch! Oder war es doch nur ein Hin­weis auf die­sen son­der­ba­ren Ort?

 

Der beste Hund der Welt

Das Le­ben hat mich mit ei­nem groß­ar­ti­gen Be­glei­ter be­schenkt. Da­für bin ich dank­bar. Teddy — der beste Hund auf der Welt, ein Pracht­kerl. Die Mix­tur zwi­schen ei­nem Ber­ner Sen­nen­hund und ei­nem Rott­wei­ler macht ihn zum per­fek­ten Be­schüt­zer und lie­bens­wer­ten Ka­me­ra­den. Ob­wohl wir uns erst seit dem vor­letz­ten Herbst ken­nen, ha­ben wir uns beide sehr ins Herz ge­schlos­sen.

Schon mor­gens vor der Ar­beit, wenn ich meine Zei­tung hole, be­grüßt er mich ganz ver­schla­fen. Trotz sei­ner Mü­dig­keit steht er kurz auf, we­delt mit sei­nem Schwanz und krab­belt wie­der ganz schnell in seine Hütte zu­rück. Zur Mit­tags­zeit war­tet er sehn­lichst vor dem Zaun, um mich vol­ler Herz­lich­keit zu be­grü­ßen. Beim Öff­nen des Tors bellt er und um­run­det vol­ler Freude mein Auto und mich. Schnell schnappt er nach sei­nem ro­ten Ball, be­reit zum Spie­len. So be­grü­ßen wir uns.

Meine Er­in­ne­run­gen an un­sere erste Be­geg­nung sind noch sehr deut­lich. Be­reits da be­grüßte er mich vol­ler Freude. Mein Ge­ruch war ihm an­schei­nend nicht ganz un­be­kannt. Es war die Liebe auf den ers­ten Blick! Auch wenn ich in der ers­ten Wo­che noch re­la­tiv viel Re­spekt vor ihm hatte, vor al­lem vor sei­nen gro­ßen Zäh­nen und sei­nem lau­ten Bel­len, ha­ben wir schon da ge­mein­sam im Gar­ten ge­spielt. Es wa­ren die Son­nen­strah­len, die uns er­wärm­ten, als wir vor der Haus­tür ge­mein­sam die Zeit ver­brach­ten. Ich auf der Ho­ly­wood­schau­kel und Teddy da­ne­ben, vol­ler Ver­lan­gen nach Strei­chel­ein­hei­ten. Bei sei­nem glän­zen­den Fell und sei­nem lie­be­vol­len We­sen ist es nur schwer, ihm die­ses ab­zu­schla­gen. Mit ge­senk­ten Oh­ren und of­fe­nem Maul schaut er ei­nen lä­chelnd an. Da­bei hat man das Ge­fühl, dass er je­des Wort ver­steht. So ist es ge­blie­ben, dass wir fast täg­lich ge­mein­sam um die »Bäume« zie­hen. Dann er­le­ben wir jede Menge Aben­teuer und be­vor ich das Haus ver­lasse, ahnt er schon, dass wir wie­der un­sere Run­den dre­hen. Vol­ler Un­ge­duld springt er dann und ver­langt nach sei­ner Leine. Diese darf in sei­nem Maul nicht feh­len. Stolz läuft er vor­aus.  

Winterspaziergang

Die war­men Son­nen­strah­len kit­zel­ten mich heute mor­gen ganz leicht an mei­ner Na­sen­spitze. Lang­sam öff­nete ich meine Au­gen und mein Blick rich­tete sich so­fort zu mei­nem Fens­ter. Auch heute mor­gen er­blickte ich wie­der diese wun­der­volle Land­schaft, die mich je­den mor­gen be­grüßt. Die herr­li­che Weite führt ins Un­end­li­che und ich er­ha­sche vom Wei­ten die rie­si­gen Kro­nen der drei al­ten Bäume.

Das ist meine Frei­heit, mein Traum, meine Liebe.

Ich lau­sche der Stille. Das Ther­mo­me­ter zeigt auf 0°C. Es ist noch Win­ter. Doch die Na­tur be­wegt sich. Die Vö­gel zwit­schern leise und die Sonne lädt mich zu ei­nem herr­li­chen Spa­zier­gang ein. So pa­cke ich mich warm ein und ste­cke die Hun­de­leine ein. Der beste Hund al­ler Zei­ten war­tet schon we­delnd auf mich. Vol­ler Un­ge­duld lechtz er nach sei­ner Leine. Ich ste­cke sie ihm ins Maul und so be­glei­tet er mich.

Vor der Haus­tür ent­de­cke ich tat­säch­lich die ers­ten Spit­zen ei­nes Schnee­glöck­chens!!! Wun­der­voll!!! Ich bin ge­spannt, was wir heute noch so al­les ent­de­cken!

Schneeglöckchen im Garten
Schnee­glöck­chen im Gar­ten

Der Wald­ein­gang liegt ganz in der Nähe von un­se­rem Haus. Wir durch­que­ren das kleine Dorf bis sich der Wald­weg da­hin­ter er­öff­net. Die Fel­der am Wald­rand leuch­ten heute in grün­gel­ber Pracht. Die Sicht ist klar und deut­lich, so dass ich weit über das nächste Dorf hin­aus schauen kann. Zwi­schen den Fel­der spürt man die Schärfe der Winde und wenn man hier ganz kurz ver­weilt, nimmt man so­gar die fri­sche Brise der Ost­see wahr. Der Wald er­öff­net sich vor uns und das leichte Knar­ren der Stämme er­tönt.

Teddy und ich schrei­ten in den Wald hin­ein. Lang­sam und vor­sich­tig be­wege ich mich auf dem ver­eis­ten Wald­weg. Un­ter den Schuh­soh­len knirscht der Schnee und so ver­ra­ten mich meine Schritte. Aus der Ferne nimmt mich eine alte Krähe wahr. Ich ver­su­che ge­räusch­los zu ge­hen. Doch das ge­lingt mir kaum, da ich nur auf dem Schnee si­cher vor Glätte bin. Mit je­dem Schritt knis­tert es wei­ter. Die Sonne scheint durch die kah­len Wald­kro­nen. Das Feld am Wald­rand ist vom Gras be­wach­sen. Teddy schrei­tet voran und hält hier und da mal an. Zwi­schen­durch schaut er sich nach mir um. Wir ma­chen un­sere Runde.

Plötz­lich er­tönt ein Piep­sen und ein Zwit­schern. Ich bleibe ste­hen und er­bli­cke oben in den Bäu­men zwei kleine Bunt­spechte, wie sie wir­belnd vom Baum zu Baum um­her­flie­gen. Neu­gie­rig tapse ich den tän­zeln­den Vö­gel­chen hin­ter­her. Wir ver­las­sen den Wald­weg. Diese Keck-Rufe der Bunt­spechte nehme ich zum ers­ten Mal wahr. Es ist ein schö­nes Schau­spiel! Ein Blick auf dem Wald­bo­den ver­rät mir, dass hier Wild­schweine ge­wühlt ha­ben. Über­all lau­ter Lö­cher und Teddy au­ßer Rand und Band. Es wird Zeit zu ge­hen.  Wir durch­que­ren den Wald. Der Hund un­wis­send hin­ter­her.

Vom Wei­ten er­scheint uns der alt­be­kannte Weg wie­der. Ich gehe ziel­ge­rade dar­auf zu. Teddy weißt nun wo­hin und traut sich wie­der vor­aus­zu­lau­fen. Wir schrei­ten auf dem Weg wei­ter. Zwi­schen den Bäu­men liegt teil­weise noch Schnee. Die Wald­seen sind noch ge­fro­ren. Man könnte ei­nen Schritt dar­auf wa­gen. Doch mehr als dies traue ich mich nicht. Hin und wie­der hört man ei­nen Specht häm­mern, sonst Stille. Ich ge­nieße diese Ruhe, fort von jeg­li­cher Hek­tik, fort von jeg­li­chem Lärm.

Hier finde ich mich wie­der. Hier bin ich Mensch.